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Eine saftige, ironische Jahreszeit: der Frühling.
Ich blättere in der Tageszeitung. Sport, Ergebnisse
der Pferderennen (wieder hatte ich schlecht gespielt),
Fernsehprogramm, Mode, Politik, Chronik der Ereignisse.
Ein Mann in meinem Alter schändete jahrelang seine Tochter.
Mord, Umsturz, Selbstmord, Kriege,
die Entleerung der Blutgefäße und der hirnverbrannte
Bluttest, Kreuzworträtsel, Ideobiologie, Opfer –
sperrweit, angelweit geöffnet.
Ein mieses Bier ist immer weniger mies als wir.
(Beide – eine Kneipe und ein Tempel – bringen
Erleichterung. Eine kurzweilige, aber sichere.
Man braucht nur zu wählen.) Der Geschmack des
zu vergeudenden Lebens ist unnachahmlich.
Mein Schutzengel ist ein gefallener Engel.
Gefallen vor Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit.
Gott sei Dank. Ich zahle und gehe hinaus.
Ich, der Unbekannte, der mich schaudern lässt.
Und vor dem ich Abscheu empfinde.
Der Himmel in Wolkenanhäufung wie ein großes,
breites Bett mit einem Stapel Kissen hängt über mir.
Und wenn Alpträume auch den ewigen Schlaf erschüttern?
Ein schwereloser Geist und Schulterzucken: Man kann
nicht überleben ohne diese Stigmata des Wohlergehens.

© Deutsch bei Halina Nitropisch
In: Georg Schwikart (Hg.), Engel für unsere Zeit. 2009 Verlagsgruppe topos plus, Kevelaer
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