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La Luna & El Sol

Einer der landschaftlich schönsten Orte, wo ich bisher verweilen durfte,
lag in Andalusien auf der 'Straße der weißen Dörfer', zwischen Arcos und Grazalema.
Ich habe mit Leonard mehr als zwei Monate dort verbracht, von September bis Mitte
November. Unser Haus lag auf dem Gelände eines Campings, der sich wunderbar in
die Natur einfügte. Wir fühlten uns dort wie im Paradies. Im Hof reiften schon die
Weintrauben, bald konnten wir auch die Früchte der Orangenbäume pflücken.
Die Küche war in einem Durchgangsraum untergebracht, der den Wohnraum vom
Schlafzimmer trennte. Der Tisch, an dem wir aßen, stand direkt am Fenster, und wir
konnten von unseren Sitzplätzen aus beobachten, was in dem kleinen Vorgarten alles
kreuchte und fleuchte. In der Mitte wuchs ein prächtiger Mandelbaum. Wenn wir
draußen saßen und lasen, naschten wir immer frische Mandelkerne, die wir erst mit
einem Stein aus der harten Schale lösen mussten. In der Ferne, auf den umliegenden
Hügeln, hockten Olivenbäume, deren mühevolle Ernte noch bevorstand. Eingelegt in
einer Salzlake haben wir uns später auch die grünen Oliven schmecken lassen.

Wir genossen in vollen Zügen das leise Plätschern des Zeitflusses in diesem Reich
der Muße; die unvergessliche Farbenpracht der Sonnenuntergänge;
die Farbschattierungen der Hügel und der Berghänge: Gold, Gelb, Grün, Gold,
wohin das Auge reicht. Unersättlich konnten wir uns von morgens bis abends daran
erquicken. Vor allem liebten wir es, bei anbrechender Dämmerung, am Mandelbaum
sitzend, Richtung El Pinar zu blicken und das Schauspiel am Firmament zu beobachten.
Jupiter, als königlicher Botschafter, lugte immer zuerst hinter dem Berghang hervor.
Eine Weile später zeigte sich Ihre Majestät La Luna selbst und schob würdevoll
ihre runde Gestalt auf die königliche Bahn.
El Pinar war der krönende Abschluss einer langen Gebirgskette, die wir erst später
entdeckt haben; sein Umriss – einem menschlichen Kopf in liegender Position ähnlich.
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